Pressemitteilung Nr. 33/2025 vom 30.04.2025
Einsicht in Unterlagen des Bundeskartellamts zu Entgelten für electronic cash-Zahlungen
Das Bundeskartellamt ist verpflichtet, der Klägerin Einsicht in die nichtöffentliche Fassung eines kartellrechtlichen Beschlusses zu gewähren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Klägerin betreibt bundesweit Tankstellen, an denen ihre Kunden mit der Girocard bargeldlos bezahlen können. Für die Autorisierung dieser Zahlungen erheben die kartenausgebenden Banken ein Entgelt. Dessen Höhe wurde bis 2014 durch eine Preisvereinbarung mehrerer Beigeladener festgelegt. Wegen dieser Absprache leitete das Bundeskartellamt ein Kartellverfahren gegen diese Beigeladenen ein. Das Verfahren endete mit ihren Verpflichtungserklärungen, die Entgelte für electronic cash-Zahlungen künftig individuell auszuhandeln. Die Verpflichtungserklärungen erklärte das Bundeskartellamt mit dem verfahrensgegenständlichen Beschluss vom 8. April 2014 für verbindlich.
Die Klägerin beantragte ohne Erfolg beim Bundeskartellamt, ihr vollständige Einsicht in den Beschluss des Bundeskartellamts sowie verschiedene Dokumente aus den ihm zugrundeliegenden und weiteren Kartellverwaltungsverfahren zu gewähren, und erhob beim Verwaltungsgericht Klage. Außerdem macht die Klägerin in einem zivilgerichtlichen Verfahren Schadensersatzansprüche gegen mehrere Beigeladene geltend, weil sie aufgrund kartellrechtswidriger Preisabsprachen überhöhte Entgelte für die Zahlungen mit der Girocard habe entrichten müssen. Das Landgericht wies diese Klage ab. Die Berufung ist beim Kammergericht anhängig. Das Verwaltungsgericht hat der Klage auf Informationszugang nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) überwiegend stattgegeben. Unter Abänderung dieses Urteils hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin gemäß dem zwischenzeitlich geänderten Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) unter teilweiser Auslassung von Angaben und unter Schwärzung von personenbezogenen Daten Einsicht in die sonst ungeschwärzte nichtöffentliche Fassung des Beschlusses des Bundeskartellamts zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 3. gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen. Als Rechtsmittelgericht war dem Senat die Prüfung des von dem Beigeladenen zu 3. bestrittenen verwaltungsgerichtlichen Rechtswegs verwehrt. Ein Anspruch der Klägerin auf Informationszugang folgt aus § 56 Abs. 5 GWB als vorrangiger Regelung zum IFG. Diese während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene bereichsspezifische Regelung zum Informationszugang, die die Einsicht bei Vorliegen eines berechtigten Interesses in das Ermessen des Bundeskartellamts stellt, verstößt weder gegen Vorschriften der Europäischen Union noch gegen nationales Verfassungsrecht. Der Anspruch nach § 56 Abs. 5 GWB besteht neben Offenlegungsansprüchen, die im Rahmen gerichtlicher Verfahren zur Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen vorgesehen sind. Für die Beurteilung des Anspruchs ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse für die Einsicht in den Beschluss des Bundeskartellamts dargelegt. Sie möchte den Bescheid für das von ihr betriebene zivilrechtliche Schadensersatzverfahren nutzen. Die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, ein Grund für die Versagung der Einsicht in den Beschluss bestehe nur hinsichtlich der Angaben zu Sicherheitsvorkehrungen während der electronic cash-Transaktion, sind nicht zu beanstanden. Auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, nur die Gewährung der Einsicht im Übrigen erweise sich als eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, begegnet keinen bundesrechtlichen Bedenken. Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht den geltend gemachten Anspruch auf Einsicht in verschiedene weitere Dokumente aus Kartellverwaltungsverfahren ohne Verstoß gegen revisibles Recht verneint. Soll die Akteneinsicht der Erhebung eines Schadensersatzanspruchs wegen eines kartellrechtlichen Verstoßes dienen, begrenzt § 56 Abs. 5 Satz 3 GWB die Einsicht auf bestimmte Entscheidungen des Bundeskartellamts, hier den Beschluss vom 8. April 2014.
BVerwG 10 C 2.24 - Urteil vom 30. April 2025
Vorinstanzen:
VG Köln, VG 13 K 10050/17 - Urteil vom 09. Juli 2020 -
OVG Münster, OVG 15 A 2286/20 - Urteil vom 08. Januar 2024 -